BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (4. Jg.) • Seite 2 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen PLATZIERUNG & KAPITALMARKT von Dr. Norman Rudschuck, SSA/Public Issuers, und Dr. Frederik Kunze, Covered Bonds, NORD/LB Grüne und soziale Bonds – ein fokussierter Blick auf das Anleiheuniversum in Deutschland Der politische Wunsch nach „Lenkung von Finanzierungsmitteln in nachhaltige Projekte“ kommt weltweit durch eine große Anzahl an Initiativen zum Ausdruck. Auch in Europa wurde durch die EU-Taxonomie ein Rahmen geschaffen, der einen wesentlichen Bei- trag zum Erreichen der Klimaziele leisten soll. Zweifelsohne ist die konkrete Ausgestaltung nicht frei von Kritik. Für den europäi- schen Anleihemarkt steht der EU Green Bond Standard (EU GBS) als Bindeglied zur Taxonomie in den Startlöchern. Es wird sich zeigen müssen, inwieweit dieser freiwillige Standard mit Leben gefüllt wird. Auch wenn wir die Bedeutung dieser Initiativen nicht kleinreden wollen, warnen wir davor, dass das bereits Erreichte zu stark in den Schatten gestellt wird – denn schon heute ist nach- haltiges Investieren am Bondmarkt möglich, indem die Emissionserlöse u.a. von grünen oder sozialen Anleihen in Vorhaben bzw. Projekte gelenkt werden, die entsprechende Beiträge zum Klimaschutz oder zum Aufbau einer sozialen Infrastruktur leisten. Eben- so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass für viele Kapitalanleger die garantierte Rückzahlung der Geldanlage ebenso im Fokus steht. Am Beispiel Deutschlands zeigen wir, wie sich die notwendigen ESG-Investments mit dem „Safe-Haven-Gedanken“ verknüpfen lassen. Einleitung Auch wenn politische Entscheidungsträ- ger bedeutende Ziele verfolgen, wartet der „Markt“ nicht auf finalisierte Richtlini- en. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Themenkomplex von den Marktteil- nehmern als derart relevant angesehen wird, dass eine abwartende Haltung mit dem Auslassen von Chancen oder zu- mindest einem Wettbewerbsnachteil verbunden wäre. Dies gilt auch für den ESG-Markt in Deutschland. So über- rascht es nicht, dass wir hier bereits eine eindrucksvolle Dynamik beobachten durften, was das Aufsetzen von nachhal- tigen Emissionsprogrammen betrifft. Dies ist nicht zuletzt deshalb ausdrück- lich zu begrüßen, da dieses neue Ange- bot offenkundig auch seine Nachfrage gefunden hat. In einigen Teilmärkten er- zielen Emittenten Preisvorteile beim Funding, was die eigene Wettbewerbs- fähigkeit steigern kann. Auch wenn der lokale ESG-Markt weiterhin als „Work in Progress“ klassifiziert werden muss (z.B. haben erst vier der 16 deutschen Länder ein ESG-Framework), stellt dies die grundsätzliche Lieferfähigkeit nach un- serem Dafürhalten nicht infrage. Wie uns die jüngere Vergangenheit aber auch unverblümt vor Augen geführt hat, gehö- ren Verwerfungen zu den ständigen Be- gleitern am Kapitalmarkt. Wenig überra- schend haben „sichere Häfen“ wie Co- vered Bonds bzw. Pfandbriefe oder Schuldtitel öffentlicher Emittenten signi- fikanten Zulauf erhalten. Der Pfandbrief hat in den jüngsten Zei- ten erhöhter Ungewissheit eine Renais- sance erfahren. Das ist aus einer Vielzahl an Gründen wenig überraschend. Wäh- rend Emittenten auf eine stabile Refinan- zierungsquelle zurückgreifen können, finden Investoren eine Anlagemöglich- keit vor, die u.a. auf Basis des Pfandbrief- gesetzes (PfandBG) ein hohes Maß an Sicherheit garantiert. Im Zuge des An- griffskriegs Russlands auf die Ukraine – aber auch während des jüngsten „Ban- Dr. Norman Rudschuck (CIIA, li.) ist Flooranalyst im Segment SSA/Public Issuers im Bereich NORD/LB Markets Strategy & Floor Research, wo er die öffentliche Hand als Emittentin covert – von den Kommunen über Bundesländer bzw. Regionen/Provinzen bis hin zu Agencies und Supranationals. Dr. Rudschuck ist seit dem Jahr 2009 bei der NORD/LB beschäftigt und war vorher in der volkswirt- schaftlichen Abteilung tätig. Dr. Frederik Kunze ist Flooranalyst im Bereich Markets Strategy & Floor Research. Sein Fokus liegt auf der Analyse der nationalen und internationalen Märkte für gedeckte Schuldverschreibungen. Dr. Kunze ist ebenfalls seit dem Jahr 2009 bei der NORD/LB beschäftigt und war hier in unterschiedlichen Positionen im Re- search bzw. im Kreditrisikocontrolling aktiv.

BondGuide – Special „Green & Sustainable Finance“ (4. Jg.) • Seite 4 BondGuide – Das Portal für Unternehmensanleihen Abb. 3: Emittiertes ESG-Volumen im Zeitverlauf (in Mrd. EUR) Quellen: Marktdaten, NORD/LB Markets Strategy & Floor Research hat das Land NRW dieses Segment für sich entdeckt und seine erste Nachhal- tigkeitsanleihe begeben. Seitdem ist NRW jährlich als Emittent von Sustaina- bility Bonds am Primärmarkt vorzufin- den. Im Jahr 2021 gesellten sich zwei weitere Länder in den Kreis der ESG- Emittenten: Zunächst emittierte Baden- Württemberg im März seinen ersten Green Bond, ehe im Juni Hessen – eben- falls mit einem Green Bond – dazukam. Im Januar 2023 legte Berlin sein Nach- haltigkeitsprogramm auf, welches im Rah- men eines Investoren-Calls vermarktet wurde. Die Anleihe über 750 Mio. EUR war mit einem Ordervolumen von 5,25 Mrd. EUR rund siebenfach überzeichnet. Kurz- oder mittelfristig rechnen wir da- mit, dass sich weitere Bundesländer am Kapitalmarkt über ESG-Anleihen refi- nanzieren werden. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Zum einen sind die Refi- nanzierungskosten über Nachhaltig- keitsanleihen häufig um einige Basis- punkte günstiger (Stichwort: Greenium), zum anderen gehört der Nachhaltig- keitsgedanke zum festen Bestandteil politischen Handelns. Hessen hat dies beispielsweise explizit als Staatsziel im Jahr 2018 in Artikel 26c der hessischen Verfassung aufgenommen: „Der Staat, die Gemeinden und Gemeindeverbän- de berücksichtigen bei ihrem Handeln das Prinzip der Nachhaltigkeit, um die Interessen künftiger Generationen zu wahren.“ Bremsend für einige Bundes- länder könnten hingegen die höheren Kosten hinsichtlich der umfangreicheren Berichterstattung sein, worunter die Wirtschaftlichkeit einer ESG-Emission leiden könnte. Green, Social und Sustainability – eine Einordnung Etabliert haben sich am Kapitalmarkt ins- besondere drei Formen von Nachhaltig- keitsanleihen: Green Bonds, Social Bonds und Sustainability Bonds. Anhand der jeweiligen Bezeichnung lässt sich bereits erkennen, welches primäre Nachhaltigkeitsziel verfolgt werden soll. Green Bonds gehen hierbei insbesondere Zielen nach, die dem Umweltschutz dienen. Dies kann beispielsweise die Förderung erneuerbarer Energien sein oder die Finanzierung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs durch ökologisch verträglichere Antriebsmöglichkeiten. Social Bonds dienen hingegen (erwar- tungsgemäß) sozialen Projekten; diese drücken sich beispielsweise in der För- derung sozialer Wohnungsbauten aus oder in Maßnahmen zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit und Finanzierung von Stützungsmaßnahmen. Sustainabi- lity Bonds sind hingegen Allrounder: Die geförderten Projekte können so- wohl ökologischer als auch sozialer Na- tur sein. Welche Projekte grundsätzlich über Nachhaltigkeitsanleihen finanziert werden können, ist den entsprechen- den Rahmenwerken der Emittenten zu entnehmen. Diese sind in der Regel eng mit den jeweiligen Guidelines der International Capital Market Association (ICMA) verknüpft. Die Ziele der je- weiligen Rahmenwerke orientieren sich dabei übergeordnet an den von den UN geschaffenen Zielen für nachhalti- ge Entwicklung („Sustainable Develop- ment Goals“; SDG) und an die jeweilige Kategorie der Green Bond Principles (GBP), Social Bond Principles (SBP) oder Sustainability Bond Guidelines (SBG). Welche Hemmnisse bestehen für eine noch stärkere Dynamik? Für den gesamten ESG-Markt in Deutschland bestehen noch einige Un- wägbarkeiten bzw. Unsicherheitsfakto- ren, die eine stärkere Wachstumsdyna- mik hemmen könnten. Zu denken wäre hier zunächst an die steigende Komple- xität der Regulatorik sowohl für Emit- tenten als auch für Anleger. Spezifisch für den Pfandbriefmarkt stehen die Emittenten beispielsweise in zuneh- mendem Maße vor der Herausforderung, hohe Transparenz- bzw. Reporting- anforderungen zu erfüllen. Dabei ist die Identifizierung für eine grüne Ein- klassifizierung geeigneter Assets für ei- nige Institute ohnehin ein begrenzen- der Faktor. Gleichzeitig schaffen Ban- ken und Finanzministerien neue Stellen für das ESG-Thema, was zunächst ein- mal mit Kosten verbunden ist. Zudem braucht jeder Emittent eine glaubwürdi- ge Story für die Investoren. Dies kann und sollte im Marketing bzw. in der In- vestorenarbeit eine Kernaufgabe erfüllen. Noch können sich Emittenten aktiv von-

B06 Ihr Zugang zu globalen Finanzmärkten. . m o c h b m g - . q w w w Die NORD/ LB bietet Ihnen Zugang zu internatio nalen Geld- und Kapitalmärkten und begleitet Emittenten bei der Platzierung von Emissionen. Für Sie entwickeln wir maßgeschneiderte Finanzmarktlösungen. Sprechen Sie uns an. www.nordlb.de/financial-markets