- NORD/LB-Studie für Sachsen-Anhalt über Lösungsansätze zur Behebung des Fachkräftemangels in der Pflege
- Nutzung digitaler Technologien ist wichtiges Handlungsfeld zur Entlastung von Pflegepersonal (Deutschland auf vorletztem Platz bei Digital Health Index)
- Größtes Potenzial zur Akquise von Fachkräften im Ausland
Die NORD/LB Landesbank für Sachsen-Anhalt hat sich in einer heute vorgelegten Studie mit der Struktur und dem Stand des Fachkräftemangels in der Pflege sowie mit den Auswirkungen und Lösungsansätzen für Sachsen-Anhalt und Deutschland im Vergleich beschäftigt. „Der Fachkräftemangel in der Kranken- und Altenpflege in Sachsen-Anhalt ist nach wie vor akut und wird sich ohne Gegenmaßnahmen bis 2030 noch deutlich verschärfen“, sagte Dr. Eberhard Brezski, Branchenexperte der NORD/LB, anlässlich der Präsentation der Studie in Magdeburg.
In der NORD/LB-Studie werden mögliche Lösungsansätze und Maßnahmen zur Behebung des Fachkräftemangels in der Pflege für Sachsen-Anhalt und Deutschland insgesamt diskutiert. Dabei verweisen die Analysten darauf, dass es sich dabei um eine komplexe Aufgabe handele, die nicht ohne ein Maßnahmenset aus mehreren Handlungsfeldern unter Beteiligung wesentlicher Partner aus Politik, Pflegeunternehmen, Krankenhäusern, Kostenträgern und Personalvertretungen gelöst werden könne.
Fachkräftemangel betrifft vor allem Krankenhäuser sowie die ambulante und stationäre Pflege
Der Pflegemarkt setzt sich aus den drei Segmenten Krankenhäuser, ambulante und stationäre Pflegedienste sowie Vorsorge- und Reha-Einrichtungen zusammen. Da auf die Segmente Krankenhäuser, ambulante und stationäre Pflegedienste im Jahr 2017 rund 98 Prozent und in Sachsen-Anhalt rund 99 Prozent entfielen, wird das kleine Segment Vorsorge- und Reha-Einrichtungen in der Studie nicht näher betrachtet.
Die aktuelle Fachkräftesituation im Segment Krankenhäuser wird in der Studie anhand der Fallzahl und Anzahl der in der Pflege Beschäftigten analysiert. Die Fallzahl hat sich in Sachsen-Anhalt zwischen 2005 und 2017 mit einem Plus von 7,3 Prozent auf 604.834 weniger dynamisch entwickelt als in Deutschland (+ 15,2 Prozent auf 16.873.885), was laut Studie auf die rückläufige Bevölkerungsentwicklung in Sachsen-Anhalt (- 10 Prozent) zurückgeführt werden kann.
Parallel zu den Fallzahlen hat auch das medizinische Personal zugenommen, das sich aus Ärzten, Pflegedienst, Funktionsdienst und dem medizinisch-technischen Dienst zusammensetzt. In Deutschland nahm die Zahl der Beschäftigten im Pflegedienst zwischen 2005 und 2017 um rund 11 Prozent zu, in Sachsen-Anhalt dagegen um rund 2 Prozent ab. Der Beschäftigungsrückgang im Pflegedienst in Sachsen-Anhalt führe laut den Experten aber zu keiner Verschlechterung der Pflegesituation. Das ärztliche Personal ist im Bundesland im Betrachtungszeitraum um rund 30 Prozent gestiegen, was aber immer noch unterhalb des bundesdeutschen Durchschnitts liegt (+ 40 Prozent). Die Pflegebelastungszahl zeigt hingegen eine leichte Verbesserung der Betreuungssituation in Sachsen-Anhalt und Deutschland. In Sachsen-Anhalt ging die Anzahl der Patienten pro Vollzeitkraft von 6,3 auf 5,9 zurück (Deutschland: 6,5 auf 5,9).
Gros der Pflegebedürftigen wird zu Hause von Angehörigen gepflegt
Im Segment der ambulanten und stationären Pflege fällt im Jahr 2017 auf, dass in Deutschland rund 52 Prozent und in Sachsen-Anhalt rund 46 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause durch Angehörige gepflegt werden, was die NORD/LB-Experten u.a. mit vergleichsweise niedrigen Pflegegraden und fehlenden Pflegeplätzen und -kräften begründen. Bei der ambulanten Pflege und Pflege durch Angehörige zeigt sich laut Studie eine hohe Wachstumsdynamik. Die ambulante Pflege wuchs in Deutschland mit 76 Prozent und in Sachsen-Anhalt mit rund 65 Prozent. Bei der Pflege zu Hause durch Angehörige lag das Plus in Deutschland bei 80 Prozent und in Sachsen-Anhalt bei nur 44 Prozent. Die Experten begründen das schwächere Wachstum im Bundesland mit dem nach wie vor vorhandenem negativen Wanderungssaldo. Die Zahl der stationär aufgenommenen Pflegebedürftigen haben in Deutschland und Sachsen-Anhalt insgesamt nur unterproportional zugelegt. Diese Entwicklungen spiegeln sich auch in der Beschäftigung wider. Der Beschäftigungszuwachs zeigt sich laut Studie in der stationären Pflege weniger dynamisch als in der ambulanten Pflege.
Lösungsansätze zur Behebung des Fachkräftemangels
Die NORD/LB-Analysten identifizieren vier Handlungsfelder und einige Ansätze zur Verringerung des Fachkräftemangels, die in der Studie ausführlich beschrieben werden: Unter dem Feld Ausschöpfung bestehender Potenziale ist u.a. die Weiterqualifikation der Helfer zur Fachkraft oder zum Beispiel die Umwandlung von Teil- in Vollzeit zu verstehen. Das Feld Entlastung der Fachkräfte durch Digitalisierung bzw. Technologie zielt auf eine Verbesserung der Arbeitsbelastung für Pflegepersonal bzw. Effizienzsteigerungen ab. Die Studie hebt hervor, dass Deutschland hier erheblichen Nachholbedarf habe und verweist auf den vorletzten Platz beim Digital Health Index der Bertelsmann Stiftung. Ein weiteres Handlungsfeld ist die Akquise neuer Fachkräfte im In- und Ausland, wobei das größte Potenzial laut den NORD/LB-Experten im Ausland liege. Das vierte Handlungsfeld umfasst diverse Möglichkeiten zur Erhöhung der Berufsattraktivität und meint u.a. eine bessere Bezahlung oder ein verbessertes betriebliches Gesundheitsmanagement.
Im Ergebnis hält die Studie fest, dass die Pflegenachfrage weiter anwachsen und sich auf den Arbeitsmarkt auswirken wird. Der Fachkräftemangel ist Realität und wird sich ohne ein aufeinander abgestimmtes Maßnahmenpaket aus den vier definierten Handlungsfeldern bis 2030 deutlich verschärfen.
PDF-Download:
Sachsen-Anhalt Report 2/2019: Fachkräftemangel Pflege: Struktur, Stand, Auswirkungen, Lösungsansätze