„Den ganzen Ort mit klimaneutraler Wärme versorgen“ 

Der Agrarsektor befindet sich im Wandel, das Projekt Biowärme Lüdenhausen ist hierfür ein Vorzeigebeispiel und zeigt, wie man als landwirtschaftlicher Betrieb Diversifikation umsetzen kann. Neben dem klassischen Ackerbau versorgt Philip Pröhlemeier Lüdenhausen heute mit klimaneutraler Wärme. Über das spannende Projekt und die Vision seines Vaters spricht Philip Pröhlemeier mit uns im Interview.

Der landwirtschaftliche Betrieb liegt bei Ihnen bereits seit Generationen in Familienhand. Wie hat sich das Geschäftsmodell über die Jahre verändert?

Unser landwirtschaftlicher Betrieb in Lüdenhausen besteht seit Generationen, so habe ich zuletzt den Betrieb von meinem Vater übernommen. Im Zuge der Veränderungen in puncto Nachhaltigkeit wandelte sich auch der Agrarsektor in den letzten Jahren enorm. Auf der Suche nach einer Alternative zum klassischen landwirtschaftlichen Betrieb haben wir uns schon früh mit einer Hackschnitzelheizung und einem Nahwärmenetz beschäftigt. Baubeginn war 2014 und im Jahr 2015 sind wir dann – neben dem klassischen landwirtschaftlichen Betrieb – auch offiziell zum Energieversorger geworden.

Ihr Vater, Walter Pröhlemeier, hat sich einst ein ambitioniertes Ziel vorgenommen: Er wollte ganz Lüdenhausen mit klimaneutraler Nahwärme versorgen. Jetzt wird die Vision Realität. Wie ist es Ihnen gelungen, nun den Großteil des Orts zu versorgen?

Unsere Hackschnitzelheizung betreiben wir nun erfolgreich seit 2015. Seitdem ist es uns gelungen, drei Viertel des Ortes zu erschließen, da stoßen unsere Kapazitäten aber auch langsam an ihre Grenzen, weshalb wir im März dieses Jahres einen neuen Kessel bekommen haben – damit hätte 2014 natürlich noch niemand von uns gerechnet. Ein toller Erfolg!

Das Projekt ist heute im Ort sehr präsent, gerade durch die Energiekrise ist die Nachfrage derzeit nochmal gestiegen.

Ihre Hofstelle liegt in zentraler Lage, wie profitieren Sie von diesem Standort in der Wärmeverteilung?

Unsere Hofstelle liegt ziemlich zentral in Lüdenhausen, das ist per se schon recht ungewöhnlich. Allein aufgrund von Lärm und Gerüchen sind Höfe normalerweise eher außerhalb gelegen. Damit haben wir heute einen Vorteil, wir sind nah an den zu versorgenden Bewohnern und müssen die Leitungen nicht weit verlegen. Nichtsdestotrotz haben wir insgesamt schon eine Strecke von 8 km mit Leitungen erschlossen. Damit versorgen wir heute neben zwei Seniorenheimen, den örtlichen Kindergarten, das Dorfgemeinschaftshaus, die Feuerwehr und das Sporthaus. Hinzu kommen noch diverse Privathaushalte, die mit CO2 neutraler Wärme versorgt werden.

Wie haben Sie den Wandel der letzten Jahre im Agrarsektor wahrgenommen? Welchen Herausforderungen müssen Landwirte sich derzeit stellen?

Für uns und unsere Kollegen ist es derzeit sehr wichtig, sich mit dem Wandel gerade in Sachen Klima auseinanderzusetzen und entsprechend zu reagieren.

Philip und Walter Pröhlemeier

Diversifikation ist da wohl oberste Priorität und es wird zunehmend wichtiger, sich vom klassischen Ackerbau und der Tierhaltung zu lösen und in verschiedenen Bereichen aktiv zu sein. Viele Kollegen konzentrieren sich wie wir auf das Thema Energiewirtschaft und investieren in Biogas, Wärmenetze oder Photovoltaikanlagen. Bei uns ist gerade ergänzend zu unserer Holzhackschnitzelheizung der Anbau schnellwachsender Hölzer in Planung, um einen Teil des benötigten Rohstoffs selbst herzustellen.

Der Trend zur Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Wird Ihr Ansatz auch anderswo Schule machen? Welche Trends sehen Sie im Bereich der Wärmeversorgung? 

Das Projekt hat bei unseren Agrarkollegen schon für Aufsehen gesorgt und die Nachfrage ist hoch. Viele Kollegen kommen gerne bei uns vorbei und schauen sich das Projekt aus nächster Nähe an. Der Wunsch, zumindest sich selbst mit Energie zu versorgen, ist hier generell hoch – allein weil wir vor Ort weder Zugang zu Gas noch zu Öl haben. Daher sind quasi alle Bewohner auf Alternativen angewiesen. Bei einer Hackschnitzelheizung sind die Kosten für den Endkunden vergleichsweise gering. Die Investition für den Betreiber ist sehr hoch und man ist auf die Unterstützung durch Fördermittel angewiesen. Ein Vorteil ist aber, dass wir nicht auf das Wetter angewiesen sind. Schaut man sich die Ertragskurve einer Photovoltaikanlage an, die mit einer Wärmepumpe betrieben werden soll, ist diese gerade im Winter sehr gering und es muss einiges an Strom zugekauft werden. Und das genau in der Zeit, in der man die Energie am dringendsten benötigt.

Ihre Zusammenarbeit mit der NORD/LB besteht bereits seit über zehn Jahren, wodurch zeichnet sich diese aus und wie hat sich die Kooperation in den letzten Jahren weiterentwickelt?

Unsere Kooperation ist mittlerweile sehr tief, so war bereits mein Vater schon NORD/LB-Kunde und ich bin der Zusammenarbeit treu geblieben. Besonders die Branchenexpertise ist für uns ausschlaggebend, da findet oft auch ein Austausch über allgemeine Branchenthemen auf Augenhöhe statt, so macht eine Zusammenarbeit Spaß! Zudem schätze ich sehr die Flexibilität. Da ich noch eine Vollzeitstelle zusätzlich habe, bin ich häufig darauf angewiesen, auch mal außerhalb der üblichen Geschäftszeiten Termine vereinbaren zu können.

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