„Wir gehen bei Nachhaltigkeit noch weiter in die Tiefe“

Die Transformation hin zu einer nachhaltigeren Zukunft liegt uns am Herzen, daher ist es unser Bestreben, unseren Kunden eine ganzheitliche Beratung in Sachen Nachhaltigkeit anbieten zu können. Mit unserem Kollegen Stefan Jacobi, Firmenkunden Origination Corporates NORD/LB, sprechen wir im Interview über die neue Rolle des ESG-Koordinators in der Kundenberatung, KPIs in nachhaltigen Finanzierungsansätzen und den Spagat zwischen Nachhaltigkeit und der Herausforderung, Projekte weiterhin „Bankable“ zu gestalten.

 

Die NORD/LB möchte ihre Firmenkunden künftig noch enger bei der Transformation in eine nachhaltigere Zukunft begleiten. Wie wichtig ist es, hier als Bank eine spezielle Expertise zu besitzen? Welches Know-how bieten die Kundenbetreuer:innen der NORD/LB?

Unsere Ambition ist immer eine ganzheitliche Beratung. Nachhaltigkeit hat sich hier zu einem der zentralen Themen entwickelt, das alle Marktteilnehmer etwas angeht. Und daraus wiederum entwickeln sich verschiedene Investitionsbedarfe, die wir gern begleiten und bedienen wollen.

Was ist daran so komplex?

Die nachhaltigen Strukturelemente müssen zunächst erstmal als neuer Standard etabliert werden. Daneben gibt es heute viele öffentliche Töpfe für Kunden und es ist wichtig, hier richtig unterstützen zu können. Wir arbeiten auf unserer Seite z.B. auch mit etablierten Agenturen zusammen, die zusätzliche Beratung anbieten. In der Regel wissen viele Kunden zwar, dass es Töpfe gibt, aber sie holen sich noch einmal zusätzliche Expertise. Beispielsweise gibt es im Moment neue Programme seitens der KfW, die man natürlich in ihrer Ausgestaltung gut kennen muss, um sie richtig einsetzen zu können. Wir sind durch unsere verschiedenen Cluster bereits gut mit unserer Branchenexpertise aufgestellt. Nun aber wollen wir durch die zusätzlich gewonnene Expertise aus Schulungen noch weiter in die Tiefe gehen, um unsere Kunden noch besser begleiten zu können.

Sie haben gemeinsam mit weiteren Kolleg:innen an der Frankfurt School of Finance einen Lehrgang zum Certified Expert in Sustainable Finance absolviert. Wie läuft dieser ab und an wen richtet sich das Modul?

Es ist ein Lehrgang über acht Monate bestehend aus E-Learning Modulen und Präsenztagen. Durch diese Mischung hat man digitale Lerneinheiten, ist aber auch präsent vor Ort und kann ins Gespräch mit anderen Absolventen und den Referenten kommen. Die Themen sind dabei breit gefächert über bspw. Regulatorik, Nachhaltigkeitsrisiken, ESG-Ratings und Klimaszenarioanalysen – alles Themen, die immer wichtiger werden, um die Risiken richtig einschätzen zu können. Teilnehmer sind Finanzmarktakteure aus unterschiedlichen Feldern. Der Lehrgang ist auch eine gute Möglichkeit, sich zu vernetzen und mit anderen Unternehmen über die Thematik auszutauschen.

Bei der Kundenberatung und in strukturierten Finanzierungen hat sich die neue Rolle des ESG-Koordinators etabliert, die Sie bereits mehrfach für Ihre Kunden übernehmen durften. Was ist die Aufgabe des Koordinators?

Der Koordinator berät den Kunden hinsichtlich der Implementierung von ESG-Elementen. Das können beispielsweise KPIs sein, die anhand seiner Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt werden, oder auch die Unterstützung bei der Beauftragung einer Nachhaltigkeitsratingagentur. Dabei gibt es allerdings unterschiedliche Matrizen, mit denen die Nachhaltigkeitsratingagenturen die ESG-Aktivitäten der Unternehmen bewerten. Oft entscheiden sich Kunden daher für konkrete KPIs, weil man diese besser steuern kann. Und es gilt dabei zu beachten, dass die Agentur immer mal wieder Anpassungen an der Methodik vornimmt – beispielsweise, wenn fehlende Datenpunkte neutral bewertet oder mit einem Malus versehen werden.

Am Ende setzen wir dann mit dem Kunden das Projekt so auf, dass es auch immer „Bankable“ ist, d.h. den Konsorten vermittelbar. Oftmals begleiten wir diesen Prozess gemeinsam mit dem Nachhaltigkeitsmanagement des Kunden in enger Abstimmung. Schließlich muss bei einer laufenden Finanzierung auch einmal im Jahr berichtet werden. Und hier kommt erneut der ESG-Koordinator ins Spiel: Das Thema Daten ist ein ganz großes, wenn es um ESG geht. Der ESG-Koordinator kann am Ende derjenige sein, der die Datenpunkte sammelt und diese gezielt an das Konsortium weitergibt.

Haben sich durch Abschlüsse wie den Certified Expert in Sustainable Finance die Aufgabe und das Finanzierungsangebot der Kundenbetreuer:innen und Produktspezialist:innen verändert? Welche Vorteile hat ein Kunde davon?

Nachhaltigkeit ist heute immer ein Thema in Gesprächen mit Kunden und es ist wichtig zu wissen, welche Dinge wirklich zukunftsfähig und finanzierbar sind, insbesondere bei langjährigen Finanzierungswünschen. Von daher verbreitert sich unser Angebot insgesamt immer mehr, um diese eben beschriebene Produktausgestaltung zu verbessern. So stellen wir sicher, dass unsere Produkte auch die künftigen Anforderungen aus der Regulatorik bedienen können. Wenn 2025 die von der EU verordnete Corporate Sustainability Reporting Directive in Kraft tritt, ergeben sich unglaublich viele To-dos für die Unternehmen und die Umsetzung ist mit einem enormen Arbeitsaufwand verbunden.

Können Sie uns ein Beispiel geben, wie Sie dies konkret bei Kunden umsetzen?

Wir haben unseren Kunden Edeka Minden-Hannover auf dem Weg zu einer Konsortialfinanzierung zum Thema Nachhaltigkeit begleitet. Dabei haben wir vier KPIs in die Transaktion eingebaut: den Bau von Photovoltaik-Anlagen, die Reduzierung von CO2-Emissionen im Fuhrpark, die Unterstützung sozialer Projekte und die Auszeichnung von Märkten anhand von Kriterien, wie Ökostromnutzung oder nachhaltigere Sortimente nach dem Einzelhandelskonzept von WWF und EDEKA Minden-Hannover. Das nachhaltige Finanzierungsprojekt haben wir im Jahr 2022 im Rahmen einer Konsortialfinanzierung gemeinsam entwickelt. Am Ende haben wir mit dem Nachhaltigkeitsmanagement von Edeka Minden-Hannover die KPIs den Konsortialpartnern vorgestellt und sie in der Dokumentation des Kunden in den Kreditvertrag eingeführt.

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