Wulf-Hendrik Pistorius, Geschäftsführer der WDI

„Unsere Produkte sind essenziell für die Energiewende“

Die Westfälische Drahtindustrie GmbH (WDI) begleitet jeden von uns mit ihren Produkten im Alltag, jedoch sind sich dessen die meisten Anwender nicht bewusst und erst auf den zweiten Blick wird für Verbraucher klar, welche zentrale Rolle das Unternehmen aus Hamm in nahezu allen Industrien spielt. Mit einem einzigartigen Geschäftsmodell, das auf Unabhängigkeit, Flexibilität und einer breiten Branchenabdeckung basiert, hat sich das familiengeführte Unternehmen seit über 160 Jahren erfolgreich am Markt behauptet. Doch was genau macht diesen Erfolg aus? Im Interview spricht Wulf-Hendrik Pistorius, Geschäftsführer der WDI, über ihr Geschäftsmodell.

Als größter konzernfreier Drahtproduzent Europas, sind Sie einzigartig in der Branche. Was ist das Besondere an ihrem Geschäftsmodell, wie trägt Ihre Unabhängigkeit zur Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit bei?

Unsere Branche liegt für Verbraucher eher im Verborgenen und das obwohl unsere Produkte sie von morgens bis abends begleiten und eine zentrale Rolle im Alltag spielen. Man denke an die Federn in ihren Matratzen, die Halterung der Küchenschublade, die Beschläge am Fenster bis hin zum Freileitungsseil für den Stromtransport. Wir kaufen von europäischen Stahl- und Walzwerken Walzdraht, der einen Umformungsprozess bedarf, um diesen für die industrielle Weiterverarbeitung nutzbar zu machen – vereinfacht sagen manche: Wir machen aus dickem Draht dünnen Draht.

Der Erfolg basiert auf zwei wesentlichen Säulen, einerseits sind wir ein familiengeführtes Unternehmen und unsere Kunden profitieren von kurzen Wegen und unserer Nähe zum Markt. Unser Erfolgsrezept seit mehr als 160 Jahren ist, dass es uns gelingt extrem schnell auf Marktveränderungen zu reagieren. Wir entwickeln gemeinsam mit unseren Kunden maßgeschneiderte Produkte, testen und entwickeln neue Lösungen und arbeiten dabei eng mit Stahlwerken und Kunden zusammen. Unsere Unabhängigkeit von Konzernstrukturen gibt uns die Flexibilität, schnell und effizient auf spezifische Anforderungen zu reagieren und gemeinsam innovative Lösungen zu entwickeln. Die zweite Säule fußt auf unserer breiten Aufstellung. Wir beliefern nahezu jede Industrie in Deutschland, Europa und je nach Wertschöpfungskette auch global. Wir bedienen unsere Kunden aus 14 Standorten heraus in 18 verschiedenen Sparten, diese Diversifikation hilft uns, resilient zu bleiben und auch konjunkturelle Schwankungen erfolgreich zu meistern.
 

Welche Verwendung finden Ihre Produkte in der Wirtschaft, welche Branchen sind für Sie aktuell am bedeutendsten? Und welche Rolle spielen ihre Produkte als Bestandteil des technischen Fortschritts?

Mit Ausnahme von Baustahlmatten, Schweißdraht und Seilen produzieren wir keine Endprodukte, sondern liefern Vormaterialien für die weiterverarbeitenden Industrien. Unsere Drähte sind essentiell für eine Vielzahl von Branchen – darunter die Automobilindustrie, das Bauwesen, den Schiffbau sowie Möbel-, Medizin-, Energie- und Maschinenbauindustrien.

Unser Stahl ist rund, flach, sechseckig, bis hin zum dreieckigen Seil entwickeln wir alle Formen, die nicht jedes Unternehmen produzieren kann. Diese hochspezialisierten Drahtprodukte sind in der Automobilindustrie entscheidend für die Fertigung von sicherheitsrelevanten Komponenten wie Federungen, Verbindungselemente und weiteren sicherheitsrelevanten Komponenten. In der Bauindustrie liefern wir für moderne Bauprojekte unverzichtbare Bestandteile wie Spannstahldrähte und Betonstahl aber auch Seile für Kräne. Ferner finden unsere Produkte in der Entwicklung von sehr zukunftsweisenden Technologien Verwendung – sei es in der Elektromobilität oder der Produktion von Leichtbauteilen. Unsere kontinuierliche Forschung und Entwicklung im Bereich Hochleistungsdrähte trägt dazu bei, Effizienz zu steigern und Gewichtsreduktionen zu ermöglichen, was den technologischen Fortschritt in verschiedenen Industrien maßgeblich unterstützt.

Wie gehen Sie das Thema Nachhaltigkeit an und wie gehen sie mit den Herausforderungen der Energiewende um?

Wir können mit Fug und Recht behaupten, dass unsere Produkte essenziell für die Energiewende sind. So produzieren wir beispielsweise Freileitungsseile oder liefern Komponenten für den Bau von Windturbinen. Zudem entwickeln wir gemeinsam mit unseren Kunden in verschiedenen Sektoren Produkte, die speziell auf die Anforderungen der Energiewende zugeschnitten sind. Ein großes Thema für uns ist dabei der grüne Stahl. Gemeinsam mit unseren Lieferanten treiben wir die Entwicklung dessen voran und wir stellen fest, dass immer mehr unserer Kunden bereit sind, den entsprechenden Aufpreis zu zahlen. Ein Wandel, der erst in den letzten paar Jahren stattgefunden hat und dessen Vorantreiben uns unsere starken industriellen Partnerschaften mit unseren Lieferanten ermöglicht hat.

Intern haben wir inzwischen eine Abteilung gegründet, die sich darauf konzentriert unsere technische Ausrichtung nachhaltiger zu gestalten. Dabei setzen wir beispielsweise auf erneuerbare Energien und Energieeinsparungen in unseren Produktionsstandorten durch Photovoltaikanlagen auf unseren Dächern oder durch die Zusammenarbeit mit externen Partnern, um unseren Strombedarf nachhaltig zu decken und die Abkehr vom Erdgas zu ermöglichen. Natürlich sind wir Drahtproduzenten und keine Energieerzeuger, aber wir sind bestrebt, innovative Lösungen zu finden, die unsere Produktion nachhaltiger werden lassen. So können wir uns zunehmend als nachhaltiger Partner in der Industrie positionieren.

Was schätzen Sie an der NORD/LB als Finanzierungspartner? Welche Besonderheiten zeichnet die Zusammenarbeit mit der NORD/LB aus?

Wir sehen die NORD/LB als starken wirtschaftlichen Partner, der hervorragend zu uns passt. Wie wir, identifiziert sie sich durch ihre nahe Ausrichtung am Markt und an ihren Kunden. In unserer Zusammenarbeit ist es ein Leichtes, Themen offen anzusprechen und auf Augenhöhe nach Lösungen zu suchen. Das schätzen wir sehr und sind davon überzeugt, dass diese Partnerschaft noch lange Bestand haben wird.

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